Stories / Januar 2025

Tempowechsel

Ein Interview mit einem privaten Einblick in Spitzenleistungen, die Kunst des Loslassens und den Wunsch, zu teilen.

In diesem Interview spricht unsere Botschafterin Emelie Forsberg über ihre dritte Schwangerschaft und die Lektionen, die sie weiterhin von ihrem Körper lernt, ihre Wünsche und ihr sich ständig weiterentwickelndes Verhältnis zur Leistung. Ein seltener und privater Einblick in den Weg einer Weltklassesportlerin zwischen Spitzenleistungen, der Kunst des Loslassens und dem Wunsch, ihre Geschichte zu erzählen.

Emelie, du hast in den sozialen Netzwerken gesagt, dass deine dritte Schwangerschaft sich erheblich von den beiden anderen unterscheidet. Würdest du uns bitte erklären, warum?

Emelie: Das stimmt, jede Schwangerschaft ist einzigartig gewesen. Während der ersten hat mein Körper gut reagiert, und ich habe mich schnell auf mein sportliches Leistungsniveau erholt. Ich war überrascht darüber, wie natürlich es sich anfühlte, das Training wieder aufzunehmen. Aber nach der zweiten stellte ich fest, dass die Erholung mehr Anstrengung erforderte. Ich merkte also, dass ich dieses Mal ein wenig mehr an meiner Kraft und meinem Core-Training arbeiten musste. Ganz zu schweigen von der erheblich größeren Müdigkeit zwischen der 8. und 15. Woche, die ich damit erkläre, dass mein Körper weniger fit war als vor meiner ersten Schwangerschaft.

Hat es für jede Schwangerschaft eine andere Vorbereitung gegeben?

Für diese dritte Schwangerschaft habe ich mich für eine bessere Erholung auf gezieltes Core-Training konzentriert und meine beruflichen Verpflichtungen reduziert. Natürlich ist es eine Herausforderung für sich, dies mit zwei kleinen Kindern in Einklang zu bringen, aber es hat mich gelehrt, der Erholung Vorrang einzuräumen und auf meinen Körper zu hören. Auch körperlich habe ich gelernt, das langsamere Tempo zu akzeptieren. Während meiner ersten Schwangerschaft hatte ich noch das Gefühl, so schnell und „so stark wie möglich“ zurückkommen zu müssen, aber jetzt habe ich erkannt, dass sich für die Erholung Zeit zu nehmen ein wesentlicher Teil des Prozesses ist.

Das beeinflusst unweigerlich die Art und Weise, mit der du die Erholung mental angehst.

Ich versuche, mich weiterhin auf das Wichtigste zu konzentrieren, nämlich für meine Familie da zu sein. Es ist leicht, sich in Trainingsplänen oder den Erwartungen anderer zu verlieren, aber ich mache mir immer wieder klar, dass es um meinen eigenen Weg geht. Jede Schwangerschaft ist anders, und ich habe versucht, diese Einzigartigkeit anzunehmen.

Und hast du irgendetwas an deiner Ernährung geändert?

Ja. Ich bin Vegetarierin, und ich wusste von Anfang an, dass ich möglicherweise mit B12 kompensieren muss. Aber während meiner zweiten Schwangerschaft gingen meine Werte so sehr in den Keller, dass mein Arzt mir nahelegte, Fisch und viel mehr Milchprodukte wie Joghurt zu essen. Also habe ich Kefir in meine Ernährung integriert, und das hat eine Menge geholfen. Heute muss ich vor allem sicherstellen, dass ich zum Frühstück, Mittag- und Abendessen genug Eiweiß zu mir nehme. Dafür gebe ich auch etwas Eiweißpulver in einen Smoothie und achte ein wenig mehr auf die Zufuhr von Aminosäure.

Elternschaft und Leistungssport scheinen gegensätzliche Ansätze zu erfordern. Sorgfältige Planung auf der einen Seite und ein gewisses Maß an „Loslassen“ auf der anderen. Wir können nicht kontrollieren, was unseren Kindern passiert. Wie schaffst du es, diese Anforderungen unter einen Hut zu bringen?

Das Geheimnis liegt eindeutig in der Anpassung. Man braucht einen größeren Plan, aber man muss sich immer an den Plan halten und ihn anpassen. Als Leistungssportlerin folge ich gern einem strukturierten Plan, als Elternteil muss man dagegen häufig improvisieren. Ich habe es gelernt, Planänderungen zu akzeptieren und mich nicht verrückt zu machen, wenn es mal nicht so läuft wie erwartet. So kann es passieren, dass ich an manchen Tagen eine längere Trainingseinheit geplant habe, diese aber zu einem einfachen Spaziergang oder einem leichten Training wird, wenn mich meine Kinder brauchen oder ich mich nicht gut fühle. Es geht darum, jeden Tag sein Bestes zu geben, dabei ist es egal, ob es sich um eine komplette Trainingseinheit oder nur um einen kurzen Spaziergang mit dem Hund handelt. Ein großer Unterschied zu den klassischen 25-30 Stunden-Trainingswochen. Auf der anderen Seite freue ich mich darüber, mich gleichzeitig meinen anderen Projekten wie Moon Valley widmen zu können, aber da man ja nicht trainiert, ist es etwas ganz anderes als der Sport, bei dem man im Körper spürt, was vor sich geht.

Während meiner ersten Schwangerschaft hatte ich noch das Gefühl, so schnell und „so stark wie möglich“ zurückkommen zu müssen, aber jetzt habe ich erkannt, dass sich für die Erholung Zeit zu nehmen ein wesentlicher Teil des Prozesses ist.

Man kann sich vorstellen, dass nach vielen Jahren Training auf höchstem Niveau eine Umprogrammierung des Gehirns erforderlich wird.

Mit der Zeit habe ich festgestellt, dass diese Flexibilität meine Resilienz und Anpassungsfähigkeit stärkt, sowohl als Sportlerin als auch als Elternteil. Als Eltern lernt man geduldig zu sein, und das überträgt sich auf mein Training. Es ist in Ordnung, wenn es mal nicht perfekt nach Plan läuft. Ich denke, dass das eine der wertvollsten Lektionen ist, die ich als Mutter und Sportlerin gelernt habe. An manchen Tagen fühle ich mich erschöpft, und ich weiß, dass ich nicht in der Lage bin, im Training 100 % zu geben. Das ist OK. Ich versuche, kleine Erfolge zu feiern, wie mit den Kindern raus gehen zu können oder einen kurzen Lauf zu absolvieren, und diese Veränderung meines Mindsets hat mein Wohlbefinden enorm verbessert.

Apropos Mindset, was ist der größte Unterschied zwischen deinen Erwartungen und der Realität gewesen? Ist es um körperliche Veränderungen, Zeitmanagement oder etwas anderes gegangen?

Ich habe meiner ersten Schwangerschaft vollkommen offen gegenüber gestanden, auf meinen Körper gehört und mich je nach Bedarf angepasst. Ich war gut in Form und konnte ein hohes Maß an Aktivitäten aufrechterhalten - wie eine Wandertour im Himalaya im fünften Monat -, aber ich habe auch gelernt, meine Grenzen zu respektieren. Nachdem ich mich zum Beispiel zu sehr angestrengt hatte, bin ich krank geworden und habe erkannt, wie wichtig Gleichgewicht und Erholung sind. Diese Erfahrungen waren von unschätzbarem Wert, denn sie haben mich gelehrt, bei späteren Schwangerschaften besser auf mich selbst zu achten und neben meinen Ambitionen meinem Wohlbefinden höchste Priorität einzuräumen.

Gibt es aus heutiger Sicht irgendetwas, mit dem du damals nicht gerechnet hast?

Eine der größten Überraschungen war für mich, wie viel mentalen Raum eine Schwangerschaft einnimmt. Ich war darauf vorbereitet, die körperlichen Veränderungen zu spüren, aber nicht auf die mentalen. Jegliche Überlegungen, von der Planung der Ankunft des Babys bis zu den möglichen Veränderungen in meiner beruflichen Laufbahn, erforderten eine größere gedankliche Bandbreite, als ich mir vorgestellt hatte. Ich bin jemand, der gern die Kontrolle über Situationen behält, aber eine Schwangerschaft erinnert einen immer wieder daran, dass man nicht alles kontrollieren kann. Das war für mich eine demütigende, aber notwendige Erkenntnis.

Ich versuche, kleine Erfolge zu feiern, wie mit den Kindern raus gehen zu können oder einen kurzen Lauf zu absolvieren, und diese Veränderung meines Mindsets hat mein Wohlbefinden enorm verbessert.

Dein Partner Kilian ist ebenfalls Sportler. Begegnet ihr beide körperlichen Herausforderungen wie Schwangerschaft und Verletzungen auf ähnliche Weise?

Auf jeden Fall. Kilian hat mich während all meiner Schwangerschaften auf unglaubliche Weise unterstützt. Er versteht, wie sehr mein Körper darunter leidet, und hilft, wo er kann, vor allem in schlaflosen Nächten. Trotz unterschiedlicher Erfahrungen teilen wir dennoch einen tiefen Respekt vor den körperlichen und geistigen Herausforderungen, denen sich jeder von uns stellen muss. Kilian arbeitet bei seinem Training und seiner Erholung häufig mit einem wissenschaftlichen Ansatz, und obwohl ich diese Sichtweise zu schätzen weiß, haben meine Schwangerschaften dazu geführt, dass ich vermehrt auf die natürlichen Rhythmen meines Körpers höre.

Ich nehme an, ein Paar kann sich auf diese Weise besonders gut synchronisieren.

Aus dieser Dynamik heraus ist ein gegenseitiges Verständnis und eine Unterstützung erwachsen, für die ich sehr dankbar bin. Wir beide glauben an die Kraft der Geduld und Beständigkeit. Ganz egal, ob man sich von einer Verletzung erholt oder eine Schwangerschaft durchlebt, man muss Geduld mit sich selbst und Vertrauen in den Fortschritt haben, der sich mit der Zeit einstellen wird. Unsere gemeinsamen Erfahrungen als Sportler helfen uns dabei, die jeweiligen Bedürfnisse des anderen zu verstehen. Wenn ich einen harten Tag habe oder mich überfordert fühle, ist er der erste, der mich daran erinnert, dass ich eine hervorragende Arbeit leiste. Diese Art von Unterstützung hat einen unschätzbaren Wert.

Hat es sich bei der Entscheidung, Kinder zu haben, um ein geplantes Vorhaben gehandelt, oder hast du es so genommen, wie es gekommen ist?

Beides. Ich wollte schon immer eine große Familie haben und fühlte mich nach den vielen Jahren in diesem Sport für eine Veränderung bereit. Ich habe mein erstes Kind mit 32 bekommen, was mir rückblickend jung erscheint, aber es war damals für mich der perfekte Zeitpunkt. Für uns und unsere Familiendynamik war es auch wichtig, Kinder mit einem nur geringen Altersunterschied zu haben, zumal wir beruflich viel unterwegs sind. Unser Wusch war es, dass sich unsere Kinder auf unseren Reisen Gesellschaft leisten, und es ist wunderbar zu sehen, wie sie sich gegenseitig unterstützen und unterhalten.

Und was fühlst du heute bei dem Gedanken an das Leben mit einem dritten Kind?

Die Entscheidung für ein drittes Kind war sehr persönlich, und ich wusste, dass sie meine Karriere erheblich beeinflussen würde. Letzten Endes habe ich erkannt, dass sportliche Leistungen zwar erfüllend, aber nicht mit der lebenslangen Freude und Liebe zu vergleichen sind, die das Aufziehen von Kindern im Schoss der Familie mit sich bringt. Es war keine leichte Entscheidung. Ich wusste, dass es den vorübergehenden Rückzug aus dem Sport bedeutete, und das ist für jeden Sportler eine schwere Entscheidung. Aber ich habe immer daran geglaubt, meinem Herzen zu folgen, und mein Herz sagte mir, dass es der richtige Zeitpunkt war, unsere Familie zu vergrößern. Ich bin mir auch bewusst geworden, dass meine Identität nicht nur damit verbunden ist, eine Sportlerin zu sein. Ich bin Mutter, ich bin Partnerin und ein Mensch mit Träumen abseits des Sports. Durch das Einnehmen dieser Haltung ist die Erfahrung sehr viel leichter geworden.

Aber wenn du deine innere Sportlerin zu Wort kommen lässt, was sagt sie?

Ich war und werde bei meinen Comebacks immer sehr vorsichtig sein, denn fast alle Läuferinnen auf Leistungssportniveau, die ich kenne, haben sich nach der Schwangerschaft verletzt. Das ist ganz normal, denn die Hormon- und Östrogenwerte sinken, und es verändert sich die Knochenstärke. Ich möchte keine Verletzung davontragen. Ich möchte einfach nur weiter laufen und trainieren und die Freude an der Natur spüren, egal, ob im Wettkampf oder nicht.

Ich bin mir bewusst geworden, dass meine Identität nicht nur damit verbunden ist, eine Sportlerin zu sein. Ich bin Mutter, ich bin Partnerin und ein Mensch mit Träumen abseits des Sports. Durch das Einnehmen dieser Haltung ist die Erfahrung sehr viel leichter geworden.

Fühlst du als jemand, der den Weg für Leistungssportlerinnen mit drei Kindern ebnen könnte, eine besondere Verantwortung, deine Erfahrungen zu teilen und andere zu inspirieren?

Das ist etwas, worüber ich nachdenke. Ich kenne nicht viele Spitzensportlerinnen mit drei Kindern (lächelt), weshalb dieser Weg gleichermaßen aufregend als auch unbekannt ist. Es bleibt abzuwarten, ob ich weiterhin auf hohem Niveau an Wettkämpfen teilnehmen kann, aber ich bin entschlossen, meine Erfahrungen offen zu teilen. Ich glaube, dass es wichtig ist, die Wahrnehmung dessen, was für Sportler, die gleichzeitig Eltern sind - und das gilt insbesondere für Mütter -, möglich ist, zu hinterfragen. Wenn meine Geschichte andere dazu inspirieren kann, sowohl ihre beruflichen als auch ihre persönlichen Träume zu verfolgen, dann wäre das unglaublich bereichernd.

Als was siehst du deine Rolle? Als eine Wegbereiterin, eine Mentorin?

Es geht nicht nur darum, ein Vorbild für andere Sportlerinnen und Sportler zu sein. Ich möchte Menschen in allen Lebenslagen zeigen, dass man in mehreren Bereichen große Ziele haben kann. Man muss sich nicht entscheiden, entweder Sportler oder Elternteil zu sein. Es geht beides. Der Weg mag komplizierter sein, lohnt sich aber auf jeden Fall.

Letzten Endes habe ich erkannt, dass sportliche Leistungen zwar erfüllend sind, aber nicht mit der lebenslangen Freude und Liebe zu vergleichen sind, die das Aufziehen von Kindern im Schoss der Familie mit sich bringt.

Unsere abschließende Frage: Wenn du auf alles zurückblickst, was du gelernt hast, wie siehst du dich selbst als 20jährige?

Mit 20 konnte ich mir nicht vorstellen, eine Leistungssportlerin zu werden. Ich interessierte mich für Biologie und Nachhaltigkeit, das waren meine Leidenschaften, und ich glaube, dass mich diese Entscheidungen geprägt haben. Ich würde mir sagen, dass ich mir wegen der Zukunft keinen Stress machen und jede Chance mit Zuversicht ergreifen sollte. Das Leben kann einen immer wieder überraschen, und es ist wichtig, für alles offen zu bleiben. Früher hatte ich Angst davor, zu versagen oder Fehler zu machen, aber jetzt weiß ich, dass man in genau diesen Momenten des Versagens sich am meisten weiterentwickelt. Scheitern bedeutet nicht das Ende.

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